Der Niederrhein-Verband hat bis auf weiteres alle Spiele abgesagt. Wie es im Spielbetrieb weiter gehen wird, ist derzeit völlig offen. Vereine sind verunsichert. Es gibt mehrere Szenarien

Wann in der Homberger Glückauf-Halle wieder Handball zu sehen sein wird, ist völlig offen.                                              <b>Arnulf Stoffel</b>
Wann in der Homberger Glückauf-Halle wieder Handball zu sehen sein wird, ist völlig offen. Arnulf Stoffel

WAZ / 14.03.2020 / von Kristof Köller und Dirk Retzlaff

Der Spielbetrieb im Handball-Verband Niederrhein ist bis auf weiteres ausgesetzt. Doch wie geht es danach weiter? Das ist die Frage, über die seit gestern spekuliert und diskutiert wird. Denkbar sind dabei im Wesentlichen vier Szenarien.

Szenario 1: Der Spielbetrieb ruht – wie im Handballverband Westfalen – bis zum Ende der Osterferien. Sollte sich die Corona-Lage bis dahin beruhigt haben, wird die Saison am Wochenende 25./26 April fortgesetzt. Der VfB Homberg, der in der Oberliga in latenter Abstiegsgefahr schwebt, würde seine „letzten“ drei Spiele am 25. April, 3. Mai und 9. Mai austragen. Zudem muss der Tabellenelfte fünf Nachholspiele bestreiten – unter der Woche und nach dem 9. Mai.

Eine Verlängerung der Saison über das eigentliche Saisonende hinaus wäre unumgänglich, lässt sich aber terminlich und organisatorisch überhaupt nicht darstellen. Auslaufende Verträge, Verpflichtungen beim neuen Verein, Urlaube, Christi Himmelfahrt und Pfingsten sind nur einige Gründe dafür, dass sich dieses Szenario kaum realisieren lassen wird.

Szenario 2: Die Saison wird vorzeitig beendet. Maßgeblich für die Ermittlung von Auf- und Absteigern ist die Tabelle nach der Hinrunde. Das wäre ein Stück weit fair, schließlich haben zu dem Zeitpunkt alle Mannschaften einmal gegeneinander gespielt. Nach der Hälfte hat die Tabelle eine Aussagekraft – aber eben auch nur zur Hälfte. Die Wölfe Nordrhein würden so den Wiederaufstieg in die Regionalliga Nordrhein schaffen. Aktuell haben die Rheinhauser vier Punkte Vorsprung auf den LTV Wuppertal. Bei noch sieben ausstehenden Spielen ist das ein gutes, aber längst kein beruhigendes Polster, zumal die Wölfe am (regulär) vorletzten Spieltag noch gegen Wuppertal antreten müssten.

Im Gegenzug müssten Mannschaften absteigen, die eigentlich stark genug für den Klassenerhalt sind, ihr Potenzial in der ersten Saisonhälfte aufgrund von Verletzungen aber nicht ausschöpfen konnten.

Szenario 3: Die Saison wird annulliert und in der Spielzeit 2020/21 wiederholt. Für die eigentlichen Absteiger ist das die charmanteste Lösung. Die Mannschaften, die den Aufstieg vor Augen haben, müssten sich hingegen grämen. Die Wölfe Nordrhein wären doppelt betroffen. Der Oberliga-Mannschaft bliebe die – nach jetzigem Stand – verdiente Rückkehr in die Regionalliga verwehrt.

Dafür könnte die zweite Mannschaft, die bereits Ende August zurückgezogen wurde wieder in der Landesliga antreten. Die Frauen der HSG Hiesfeld/Aldenrade II würden ihrer Aufstiegschance beraubt; zurzeit führen die Rot-Weiß-Violetten mit zwei Punkten Vorsprung die Landesliga (Gruppe 1) an.

Auf die anderen Duisburger Teams hätte dieses Szenario keine oder aber erfreuliche Auswirkungen. Die aktuell noch abstiegsgefährdeten HSG Hiesfeld/Aldenrade, VfB Homberg (beide Herren-Oberliga), GSG Duisburg (Damen-Oberliga) und HSG Vennikel/Rumeln/Kaldenhausen (Damen-Landesliga) kämen ohne Zittern und Nervenaufrieb zum Klassenerhalt.

Die HSG Vennikel/Rumeln/Kaldenhausen (Herren-Verbandsliga), HSG Hiesfeld/Aldenrade, Eintracht Duisburg (Damen-Oberliga) sowie der VfB Homberg und der VfL Rheinhausen (beide Damen-Verbandsliga) sind ohnehin aller Abstiegssorgen ledig, haben aber auch keine wirklichen Aufstiegschancen mehr.

Szenario 4: Die Saison wird vorzeitig beendet und der Verband legt die Auf- und Absteiger individuell fest. Es gibt Ligen, in denen (relative) Klarheit über Auf- und Absteiger herrscht. Der TV Geistenbeck (Oberliga) und der Hülser SV (Landesliga, Gruppe 1) haben acht Punkte Vorsprung und werden sich den Aufstieg realistisch betrachtet nicht mehr nehmen lassen. Das gilt auch für die DJK Styrum, die in der Landesliga (Gruppe 3) sieben Zähler vorne liegt. Diese souveränen Spitzenreiter könnten – rein theoretisch – durchgewunken werden.

Die Statuten der Spielordnung lassen übrigens eine Auf- und Abstiegsentscheidung durch den Verband zu. Faire Lösungen sind schwierig

Gleiches könnte für designierte Absteiger wie die HSG Neuss/Düsseldorf II (Herren-Oberliga, 3:33 Punkte), den ETB Schwarz-Weiß Essen (Verbandsliga, Gruppe 2, 2:34 Punkte) oder den TuS Xanten (Frauen-Landesliga, Gruppe 1, 0:38 Punkte) gelten.

Doch was ist mit den Ligen, in denen es Spitz auf Knopf steht und mehrere Mannschaften in den Auf- und Abstiegskampf involviert sind? In der Verbandsliga (Gruppe 2) sind der Bergische HC II, die Bergischen Panther II und der Kettwiger SV nach Minuspunkten punktgleich. Und der Tabellenvierte SG Überruhr hat auch nur zwei Punkte Rückstand. Für solche Konstellationen eine hieb- und stichfeste Regelung zu finden, ist schlichtweg ausgeschlossen. Kränkelnde Wölfe

„Ich glaube nicht, dass wir in dieser Saison noch einmal spielen werden“, sagt Thomas Molsner, Trainer des Oberliga-Spitzenreiters Wölfe Nordrhein. Das aktuelle Spiel beim TV Angermund hätten die Rheinhauser ohnehin abgesagt, weil zwei Spieler „leicht gekränkelt hätten und wir kein Risiko eingehen wollten“, wie Molsner sagte. Die Verunsicherung sei derzeit sehr hoch. Molsner kann sich sehr gut vorstellen, dass der Verband nun die Aufstiegsfrage entscheiden wird.

Verunsichert ist auch Sascha Thomas, Trainer des Oberligisten VfB Homberg. „Ich bin gespannt, wie es jetzt weitergeht. Egal, ob wir die Saison irgendwie zu Ende spielen können, ob sie annulliert oder aber irgendwie gewertet wird – es kann eigentlich keine Lösung geben, die allen gleichermaßen gerecht wird“,. so Thomas.

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